Zum Anpassungsbedarf bei Gewinnabführungsverträgen

June 28, 2021

28. Juni 2021

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Zum BMF-Schreiben vom 24.03.2021: Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat vor kurzem zur körperschaftsteuerlichen Anerkennung von Gewinnabführungsverträgen Stellung genommen. Dies gibt Anlass, insbesondere sog. Altverträge, die vor dem 27.02.2013 abgeschlossen oder letztmals geändert worden sind, zu prüfen und ggf. anzupassen.

I.                   Hintergrund

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22.12.2020 wurde § 302 Abs. 3 Satz 2 AktG mit Wirkung zum 01.01.2021 um einen Verweis auf den ebenfalls neu eingeführten Restrukturierungsplan ergänzt. Obwohl mit dem Verweis auf den Restrukturierungsplan keine Änderung körperschaftsteuerrechtlicher Regelungen verfolgt wurde, kann die Gesetzesänderung dennoch Auswirkungen auf bestimmte Gewinnabführungsverträge haben und ihre Anpassung erforderlich machen, da u.U. die Voraussetzungen der körperschaftlichen Organschaft andernfalls nicht mehr erfüllt sind.

In § 302 AktG ist die Verlustübernahmepflicht des anderen Vertragsteils bei Bestehen bestimmter Unternehmensverträge geregelt. § 302 Abs. 3 Satz 1 AktG enthält ein diesbezügliches Verzichts- und Vergleichsverbot in Bezug auf den entsprechenden Ausgleichsanspruch. Ausnahmen von diesem Verbot sind in § 302 Abs. 3 S. 2 AktG geregelt. Der Katalog der Ausnahmen wurde mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts um den Fall ergänzt, dass die Ersatzpflicht in einem Restrukturierungsplan geregelt wird.

Der Wortlaut des § 302 AktG ist jedoch auch für das Körperschaftsteuergesetz von Bedeutung. Die Voraussetzungen einer steuerrechtlichen Organschaft mit einer anderen als den in § 14 KStG aufgeführten Kapitalgesellschaften sind in § 17 KStG geregelt. Unter diese „anderen“ Gesellschaften fällt insbesondere die GmbH. Die bis 26.02.2013 gültige Fassung des § 17 S. 2 Nr. 2 KStG setzte eine Verlustübernahme „entsprechend den Vorschriften“ des § 302 AktG voraus. Seit der Anpassung durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerrechtlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 ist seither gemäß § 17 S. 2 Nr. 2 KStG (a.F.) (nunmehr § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG) Voraussetzung, dass eine Verlustübernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart wird. Erforderlich ist demnach ein sog. dynamischer Verweis; von der Neuregelung in 2013 waren jedoch nur Gewinnabführungsverträge erfasst, die nach dem 26.02.2013 abgeschlossen oder geändert wurden. Sog. Altverträge, die vor dem 27.02.2013 abgeschlossen oder letztmalig geändert wurden, waren für Zwecke der Organschaft weiterhin anzuerkennen, selbst wenn diese lediglich einen statischen Verweis auf § 302 AktG oder eine Wiederholung des damaligen Wortlauts enthalten.

Die nun vorgenommene Änderung des Wortlautes des § 302 AktG führt allerdings dazu, dass bei Altverträgen keine Verlustübernahme mehr entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart ist und im Ergebnis auch die Vorgaben des § 17 S. 2 Nr. 2 KStG in seiner alten Fassung nicht mehr erfüllt sind.

II.                Betroffene Verträge

Für Gewinnabführungsverträge, die nach dem 26.02.2013 abgeschlossen oder geändert wurden, ist nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG in seiner gegenwärtigen Fassung ohnehin schon ein expliziter dynamischer Verweis auf § 302 AktG erforderlich. Für diese sog. Neuverträge – soweit sie den Anforderungen des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG entsprechen – besteht durch die jetzige Änderung in § 302 AktG kein Anpassungsbedarf.

Für sog. Altverträge, die vor dem 27.02.2013 abgeschlossen oder letztmalig geändert wurden und die noch einen statischen Verweis auf – die nun nicht mehr aktuelle Fassung des – § 302 AktG enthalten, besteht Anpassungsbedarf.

III.            Stellungnahme der Finanzverwaltung

In Bezug auf die steuerrechtlichen Auswirkungen der Änderung des § 302 AktG nahm das BMF in seinem Schreiben vom 24.03.2021 (DStR 2021, 803) Stellung. Für vor dem 27.02.2013 abgeschlossene oder letztmalig geänderte Gewinnabführungsverträge gelte Folgendes:

Aufgrund der am 1.1.2021 in Kraft getretenen Änderung des § 302 AktG […] ist für die weitere Anerkennung der Organschaft nach § 17 KStG Voraussetzung, dass die bisherigen Vereinbarungen zur Verlustübernahme im Gewinnabführungsvertrag angepasst werden […]. Dabei muss nach aktueller Rechtslage die Verlustübernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung (dynamischer Verweis) gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG vereinbart werden.

Der Anerkennung der Organschaft steht es für Veranlagungszeiträume ab 2021 nicht entgegen, wenn die Anpassung der Altverträge zur Aufnahme des dynamischen Verweises nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2021 vorgenommen wird.

IV.             Anpassung von Gewinnabführungsverträgen

Wie in der Stellungnahme des BMF angegeben ist für die Wirksamkeit einer Organschaft das Einfügen eines dynamischen Verweises in Altverträge erforderlich: Die nunmehr aufgrund der Änderung des § 302 AktG vorzunehmende Anpassung der Vereinbarung zur Verlustübernahme führt dazu, dass aufgrund § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG in Altverträgen nun ein dynamischer Verweis auf § 302 AktG aufzunehmen ist.

Die Änderung ist nach der Stellungnahme des BMF bis zum Ablauf des 31.12.2021 vorzunehmen. Dabei soll nach Auffassung des BMF die notarielle Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Organgesellschaft (zur privatschriftlichen Änderungsvereinbarung des Gewinnabführungsvertrags) und die Anmeldung der Änderung zur Eintragung ins Handelsregister bis zum 31.12.2021 ausreichen. Diese Aussage kann jedoch in ihrer Belastbarkeit hinterfragt werden, da es  ja noch offen sei, ob die Rechtsprechung diesen Grundsätzen folgen und nicht ggf. doch auf die (zivilrechtlich erforderliche) Eintragung im Handelsregister abstellen werde. Es empfiehlt sich daher, auch die Handelsregistereintragung bis spätestens zum 31.12.2021 zu bewirken.

Die Anpassung des Gewinnabführungsvertrages zur Aufnahme eines dynamischen Verweises auf § 302 AktG soll nach Auffassung des BMF keinem Neuabschluss des Gewinnabführungsvertrages gleichgestellt sein. Eine neue Mindestlaufzeit iSd § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG werde durch diese Anpassung nicht in Gang gesetzt. Nicht erforderlich sei eine Anpassung von Altverträgen hingegen, wenn die Organschaft mit oder vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Änderungsvereinbarung zum 01.01.2022 beendet würde.

Wird die nach dem BMF-Schreiben geforderte Anpassung der betroffenen Altverträge nicht vorgenommen, kann die Organschaft für den Veranlagungszeitraum 2021 und zukünftige Veranlagungszeiträume steuerlich nicht anerkannt werden.


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