Grunderwerbsteuerliche Neuregelung zur Vermeidung von grunderwerbsteueroptimierten Erwerbsstrukturen (RETT-Blocker Strukturen)

July 22, 2013

Seit dem 7. Juni 2013 sind sog. “RETT-Blocker” Strukturen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer bei dem Erwerb von immobilienhaltenden Kapital- und Personengesellschaften nicht mehr möglich. Grunderwerbsteuer fällt künftig immer dann an, wenn der Erwerber eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 95% an der Immobiliengesellschaft (Personen- oder Kapitalgesellschaft) erwirbt.

Welche Erwerbsstrukturen sind nicht mehr möglich?

Die von der Finanzverwaltung akzeptierten Erwerbsstrukturen erlaubten bisher den “wirtschaftlichen Erwerb” von fast 100% an einer immobilienhaltenden Kapital- oder Personengesellschaft, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen.

Bei der Kapitalgesellschaft erwarb der Investor unmittelbar 94,9% der Anteile an der immobilien­-haltenden Kapitalgesellschaften; die verbleibenden 5,1% wurden durch eine zwischengeschaltete Personengesellschaft erworben, an der der Investor zu 94,9% (oder sogar zu 100%) und ein Co-Investor zu 5,1% beteiligt war (sog. RETT-Blocker).

Bei der Personengesellschaft erwarb der Investor 94,9% der Kommanditbeteiligung an der immobilien-haltenden Personengesellschaft; die verbleibenden 5,1% wurden durch den Komplementär gehalten, an dem sich der Investor wiederum zu 94,9 % beteiligte.

Die Einführung des Tatbestandes der “wirtschaftlichen Anteilsvereinigung” (§ 1 Abs. 3a GrEStG) bewirkt, dass derartige Erwerbsstrukturen nunmehr nicht mehr funktionieren. Bei indirekten Beteiligungen wird künftig durchgerechnet, d.h. der Investor muss sich in den vorgenannten Fällen künftig auch anteilsmäßig den 5,1%-Anteil zurechnen lassen, den er zu 94,9 % erwirbt.

Welche Gestaltungen bleiben möglich?

Zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer muss daher künftig ein unabhängiger Co-Investor gefunden werden, der 5,1% der Anteile an der Immobiliengesellschaft erwirbt oder der Veräußerer behält 5,1% zurück. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Co-Investor als Gesellschafter am Kapital bzw. Vermögen der Immobiliengesellschaft beteiligt. Darüber hinaus darf die Beteiligung des Co-Investors nicht dem Hauptinvestor, z.B. über ein Treuhandverhältnis, zurechenbar sein.

Da die gesetzliche Neuregelung eine Beteiligung am Kapital bzw. Vermögen der Immobiliengesellschaft verlangt, spricht einiges dafür, dass es weiterhin möglich ist, durch den Einsatz von Mezzanine-Kapital (z.B. partiarisches Darlehen, stille Beteiligung, Genussrechte) über die zulässige Quote von 94,9% hinaus an den Vermietungs- und Verpachtungseinkünften sowie an einem Veräußerungsgewinns der Immobiliengesellschaft zu partizipieren.

Sind bestehende Strukturen von der Neuregelung betroffen?

Bestehende Strukturen sind von der gesetzlichen Neuregelung zunächst nicht betroffen, da die Neuregelung erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden ist, die nach dem 6. Juni 2013 verwirklicht, d.h. mit dinglicher Wirkung durchgeführt werden.

Da der Wortlaut der Neuregelung aber sehr weit gefasst ist und über den angestrebten Zweck der Vermeidung von RETT-Blocker Strukturen hinausgeht, ist künftig bei jeder Umstrukturierung die grunderwerbsteuerliche Situation sorgfältig zu prüfen. Umstrukturierungen, die bisher keine Grunderwerbsteuer ausgelöst haben (z.B. Aufstockung einer bereits bestehenden Beteiligung von 95%; Verkürzung der Beteiligungskette), sollten, solange keine Präzisierung durch die Finanzverwaltung erfolgt ist, mit Bedacht und in Abstimmung mit der Finanzverwaltung durchgeführt werden.


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